Gastbeitrag: Mein erster Sylvester-Overnighter von Christoph B.

Was tun an Sylvester als Single im Corona-Modus?

Nachdem meine beiden ersten Overnighter im ausklingenden Jahr in nachhaltig positiver Erinnerung geblieben waren, einer im Hochsommer mit meinem Sohn unter freiem Himmel und der andere im Spätherbst mit Gunnar bei Nieselregen auf einer Anhöhe mit Hütte, war Zeit für eine neue Herausforderung: ein Sylvester-Overnighter … allein. Das Ziel war auch schnell gefunden: Mit Blick auf ins Hessische Land.

Schien alles machbar, Angst hatte ich nur vor zu niedrigen Temperaturen, aber der regelmäßige Blick auf die Wetter-App versprach Erträgliches.

Ausgerüstet mit Bikepacking-Equipment und Licht (Lupine) von Gunnar und der käuflich erworbenen Komoot-App, die ich zum ersten Mal ausprobieren wollte (Handy, Bluetooth und Headset) ging es am Sylvestertag um 15:00 Uhr los. Ziel: Eine Schutzhütte im Hessischen. Bis Unterrieden lief alles gut. Der Nieselregen war erträglich, die Temperaturen ebenfalls, Tageslicht gab es ja auch trotz der dunklen Jahreszeit. Erst ab 17:00 Uhr stellte ich mich auf Fahren im Dunkeln ein. Bei Unterrieden ging es dann richtig bergauf in den Buchenwald, teils steil, teils kommod, die Stirnlampe wurde zur echten Offenbarung: wenn du allein im Wald bist, verschafft dir der Lichtkegel ein Gefühl von Geborgenheit, weil er das unheimliche Dunkel außerhalb des Lichtkegels einfach verschwinden lässt.

So fuhr ich zeitlos durch den Wald und je höher ich kam, desto mehr es zu schneien anfing. Die Käuzchen verstummten und es gab nur noch das Tanzen der Schneeflocken im Licht der Lampe, den Weg in meinem Gesichtsfeld und das Knirschen von Neuschnee unter meinen Reifen. Nur ab und zu meldete sich die – für meinen Geschmack etwas zu nüchterne – Stimme von Frau Komoot, um mir den Weg zu weisen.

Allmählich ließen die Kräfte nach und so manches Mal kam mir der Gedanke in den Sinn, mein Lager aufzuschlagen und einfach nur zu schlafen. Aber die feuchtkalte Kleidung, die nur durch die Bewegung erträglich blieb und die wenig überzeugenden Gelegenheiten im nassen Wald ließen mich weiterfahren. Ein, von einem Harvester durchwühlter Waldweg gab mir fast den Rest. Knöcheltief schob oder fuhr ich durch lehmigen Matsch, eine echte Tortur.

Doch irgendwann war es dann auch egal, die Strecke wurde wieder fahrbarer, dank der Bereifung auch auf geschlossener Schneedecke und es galt nur noch, dieses Jahr anzukommen. Am Ende war ich im Flow, eins mit dem Rad, dem Ziel und mit mir. Als ich gegen 22:00 Uhr da ankam, wo laut Navi die Hütte sein sollte, hatte ich noch einmal alle Hände voll zu tun, nicht daran zu verzweifeln, dass ich die Hütte nicht im verschneiten Wald fand. Als ich schon aufgab und wiedermal an ein Lager im Schnee dachte, lag sie vor mir. 22:30 Uhr.

Auf Mitternacht wollte ich jetzt nicht mehr warten, Feuerholz war unter der geschlossenen Schneedecke nicht auszumachen und ohne Feuer keine Zigarre.

So legte ich mich nach einem Feierabendbier zügig schlafen, um am nächsten Morgen von der Loipenmaschine zweimal geweckt zu werden.

Aufstehen um 09:30 Uhr, ein wunderschöner Neujahrsmorgen im weißen Kleid und ein Frühstück mit Kaffee und Pilzpfanne, zubereitet auf meinem neuen Hobo-Kocher versöhnten mich mit den Strapazen des Vortages und nun war ich entschieden, meine winterliche Fahrt über Kassel und später nach Göttingen auf den Wegen von Komoot fortzusetzen.

Belohnt werden die Mutigen.

3 Comments

  1. Hendrik Sonntag, der 10. Januar 2021 at 18:37

    Klingt nach einem tollen Jahreswechsel. ;)

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  2. Jennifer Sonntag, der 31. Januar 2021 at 12:19

    Wow! Meinen Respekt…. zu so viel Abenteuerlust, Ausdauer und Naturliebe. :-)

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