Dezember-Biwak

Gib uns unseren monatlichen Kurzbiwak auch im Dezember! Am Samstag war es wieder so weit, um 17:30 Uhr ging es los:

 

Die Eichsfeld-Experten werden sofort erkennen, dass ich hier auf einer Anhöhe nördlich von Uder stehe und im Tal die Leuchtreklame des Rewe-Marktes scheint.

Bis dahin fährt man etwa 1:45 Stunden über mir bestens bekannte Strecken. Also ideal, um sich an Temperatur, Beladung und Wegbeschaffenheit zu gewöhnen. Dennoch gab es immer wieder Überraschungen: Kaum war ich an der Kapelle bei Burgwalde auf dem Pilgerweg Loccum-Volkenroda talwärts gefahren, traf ich auf eine Horde Jugendlicher mit Fackeln und Funkgeräten. Nein, keine paramilitärische Übung, sondern die Nachtwanderung einer Jugendfeuerwehr. Man zeigte sich überrascht und grüßte sich gegenseitig. Wenige Sekunden später regierte wieder die Ruhe und Dunkelheit jenseits des Lichtkegels meiner Big Bang.

Vor Ort in Uder kann man sich perfekt verproviantieren.

Okay, ich habe nur den Kram auf den Bierkästen eingeladen, nicht die Kästen selbst. Das hat die Dorfjugend übernommen.

Nun folgten 4,5 Stunden Nachtfahrt durch die Wälder des Eichsfelds und Hainich. Die Strecke führte über den Naturpark Wanderweg Heiligenstadt-Creuzburg und schließlich über den Rennstieg (nicht verwechseln mit dem Rennsteig). Wunderschöne Wege, immer wieder erste Puderzucker-Schnee-Flecken, dünn vereiste Pfützen und der Atem zog wie Rauschschwaden durch den Lichtschein der Lampe. Es wurde kälter. Die Null-Grad-Marke war sicher bereits unterschritten als ich steil bergab im Talnebel die Umrisse einer riesigen Kirche auszumachen glaubte. In der Tat, mitten im Nichts des Waldes stand ich plötzlich vor der Wallfahrtskapelle Klüschen Hagis. Im Gegenhang war dann der erste Akku der Big Bang durch. Ich fuhr bei Vollmund ohne Scheinwerfer bis zur Anhöhe und dann mit frischem Akku (2 von 3) weiter.

Auch wenn meine Hände und Füße sich bisweilen über die Temperaturen beklagten, war ich doch sehr froh, dass Frost den Boden verhärtete, denn ansonsten hätte ich viele Schiebepassagen zu bewältigen gehabt. Der ausgiebige Regen der letzten Tage hatte ordentlich Matsch hervorgebracht … Dank Frost sind die Passagen dennoch gut befahrbar. Insgesamt schob ich keine 50 Meter.

Gegen 1:00 krabbelte ich in den Schlafsack, und zwar in einer perfekt aufgearbeiteten Kinderspielhütte auf einem Spielplatz am „Alten Bahnhof Heyerode“ im Hainich. Die Küche hatte sogar noch geöffnet (nachdem ich sie aus der Rahmentasche genommen hatte): heiße Suppe und noch einen warmen Kakao hinterher!

Um meinen Zug in Gotha rechtzeitig erreichen zu können, rumpelte der Wecker um 5:00 Uhr. Kocher an, Kakao geschlürft und um 5:45 ging es wieder auf den frostigen Rennstieg.

Der Rennstieg begrüßte mich mit einem kurvigen Singletrack windend um junge Bäume. Dann bog er auf einen geschotterten Hauptweg ab. Insgesamt variiert der Rennstieg angenehm zwischen Forstautobahn und Singletrack …

Nochmals über zwei Stunden Nachtfahren auf gefrorenen Waldwegen, die herrlich unter den Reifen knackten. Das dünne Eis der Pfützen trug noch nicht. Vorsicht war geboten!

Die letzten 1,5 Stunden ging es über eine gleichsam karge wie schöne Feldlandschaft. Zum ersten Mal hatte ich wirklich kalte Finger und die Trinkflasche war gefroren, der Camelbak leer. Ich fuhr auf Reserve. Meine beiden Notgels kamen zum Einsatz!

Mit einer super Abfahrt nach Gotha war es nach knapp 130 Kilometern vollbracht (für die Statistiker: knapp 10:30 Stunden Fahrzeit inkl. Minipausen, 2.200 hm und ca. 5.500 kj).

9.28 Uhr stehe ich vor dem Bahnhof: Zeitung, Kaffee und Backwaren gekauft und um 9:37 Uhr fährt mein Zug nach Hause ab. Perfektes Timing, perfektes Wetter, perfekte Fahrt in den dritten Advent!

3 Comments

  1. Walter Montag, der 12. Dezember 2011 at 16:29

    Hey Gunnar,
    TOP Leistung, echt !!!

    Ein Bild von deinem gepackten Rad würde mich noch interessieren.
    Vielleich auch eine kleine Material-/Packliste :-)

    Ich sehe, daß du mit einem Esbitkocher arbeitest: (Scheinbar Titan-Kocher und -Topf). Ist Esbit in Vergleich zum Gas leistungsfähig genug?

    Zur Verpflegung eine kleine Anregung: Anstatt Ravioli-Dose wäre ein Nudel-Fertiggericht ungleich leichter gewesen. Obwohl, ich hätte das „gewonnene“ Gewicht gleich in Form eines Flachmannes mit Jägertee wieder ausgeglichen :-)

    Weiter so, Selfsupport-Ride, Yeah !!!

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  2. Rainer "kingcrab" Klaus Dienstag, der 13. Dezember 2011 at 08:34

    Hi Gunnar,

    solche Fahrten sind das Salz in der Radelsuppe!
    es geht auch ohne Auto, ohne Begleitung – die km und die Hm sind ja egal – die Idee zählt!
    vielleicht sehen wir uns ja mal da draussen!

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  3. GuF Dienstag, der 13. Dezember 2011 at 09:02

    Das Rad glich dem letzten Biwak, lediglich habe ich einen dickeren Schlafsack im Rucksack gehabt und mehr Kleider am Leibe.
    Der Esbitkocher ist super für 1-3 Tagestouren, da halte ich ihn für „unschlagbar“ leicht. Je länger man unterwegs ist, desto mehr treten Effizienz und Treibstoff in den Vordergrund und Kochergewicht in den HG. Dann würde ich einen anderen Kocher mitnehmen…

    PS: Hatte keine Ravioli, sondern Gulaschsuppe dabei …

    GuF

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